Die Hinweisgeberrichtlinie enthält die folgenden wesentlichen Inhalte:
Artikel 2 – Sachlicher Anwendungsbereich
(1.) Die Hinweisgeberrichtlinie gilt nicht uferlos. Sie schützt zunächst einmal Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.
(a.) Das betrifft die im Anhang der Richtlinie aufgezählten Rechtsakte der Union, die folgenden Bereiche betreffen:
i) öffentliches Auftragswesen,
ii) Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terroris
musfinanzierung,
iii) Produktsicherheit und -konformität,
iv) Verkehrssicherheit,
v) Umweltschutz,
vi) Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit,
vii) Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz,
viii) öffentliche Gesundheit,
ix) Verbraucherschutz,
x) Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen;
(b.) Sie gilt auch bei Verstößen gegen die finanziellen Interessen der Union im Sinne von Artikel 325 des AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) sowie gemäß den genaueren Definitionen in den einschlägigen Unionsmaßnahmen.
(c.) Hinzu kommen außerdem Verstöße gegen die Binnenmarktvorschriften im Sinne von Artikel 26 Absatz 2 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union), einschließlich Verstöße gegen Unionsvorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen, sowie Verstöße gegen die Binnenmarktvorschriften in Bezug auf Handlungen, die die Körperschaftsteuer-Vorschriften verletzen oder in Bezug auf Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des geltenden Körperschaftsteuerrechts zuwiderläuft.
(2.) Die Mitgliedsstaaten können darüber hinaus den Geltungsbereich auf ihr nationales Recht ausdehnen. Genau das war der Streitpunkt zwischen den Parteien der großen Koalition in der 19. Wahlperiode bzw. im Kabinett Merkel IV.
Artikel 4 – Persönlicher Anwendungsbereich
1) Diese Richtlinie gilt für Hinweisgeber, die im privaten oder im öffentlichen Sektor tätig sind und im beruflichen Kontext Informationen über Verstöße erlangt haben. Sie schließt mindestens folgende Personen ein:
a) Arbeitnehmer im Sinne von Artikel 45 Absatz 1 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) , einschließlich Beamte;
b) Selbstständige im Sinne von Artikel 49 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) ;
c) Anteilseigner und Personen, die dem Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan eines Unternehmens angehören, einschließlich der nicht geschäftsführenden Mitglieder, sowie Freiwillige und bezahlte oder unbezahlte Praktikanten;
d) Personen, die unter der Aufsicht und Leitung von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern und Lieferanten arbeiten.
(2) Diese Richtlinie gilt auch für Hinweisgeber, die Informationen über Verstöße melden oder offenlegen, von denen sie im Rahmen eines inzwischen beendeten Arbeitsverhältnisses Kenntnis erlangt haben.
(3) Diese Richtlinie gilt auch für Hinweisgeber, deren Arbeitsverhältnis noch nicht begonnen hat und die während des Einstellungsverfahrens oder anderer vorvertraglicher Verhandlungen Informationen über Verstöße erlangt haben.
(4) Die Maßnahmen zum Schutz von Hinweisgebern gemäß Kapitel VI gelten, soweit einschlägig, auch für
a) Mittler,
b) Dritte, die mit den Hinweisgebern in Verbindung stehen und in einem beruflichen Kontext Repressalien erleiden könnten, wie z. B. Kollegen oder Verwandte des Hinweisgebers, und
c) juristische Personen, die im Eigentum des Hinweisgebers stehen oder für die der Hinweisgeber arbeitet oder mit denen er in einem beruflichen Kontext anderweitig in Verbindung steht.